Segeln Venezuela: Revierinformation Los Roques

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Magali Schaller

Magali lebt seit 2021 mit ihrem Freund Thierry auf ihrem Segelboot CERVINO, eine Bénéteau Oceanis 440. Seit Beginn ihrer Reise im Golf von Neapel hat sie das Mittelmeer erkundet, den Atlantik überquert und die Karibik bereist.

Malerische Inseln und Sandbänke, türkisfarbenes Wasser und eine unberührte Unterwasserwelt

Der Archipel Los Roques liegt etwa 86 Seemeilen nördlich der Küste Venezuelas und ist eine wahre Perle in der Karibik. Nur wenige Segelboote verirren sich in diese Gefilde, dies wohl aus zwei Hauptgründen: die Kosten und die Sicherheit.

In diesem Bericht teilen wir unsere Erfahrungen aus dem November 2024, um anderen Seglern ein paar der Bedenken zu nehmen, die wir vor unserem eigenen Besuch hatten. Denn der Archipel Los Roques ist zu einem unserer Lieblingsplätze in der Karibik geworden.

Willkommen in Los Roques! ©Magali Schaller

Allgemeine Revierinfos zu den Los Roques

Die Los Roques sind ein Archipel, das aus mehreren Inseln besteht. Seit 1972 gilt der Archipel offiziell als Nationalpark. Er ist in verschiedene Zonen aufgeteilt, welche den Zugang zur Wasser- und Inselwelt zum Schutz der Natur beschränken (Infos dazu bekommt man beim Bezahlen der Parkgebühr vor Ort). Ein großes Riff im Osten, das wie eine Barriere vor der Inselwelt liegt, bricht die vom Passatwind getriebenen Atlantikwellen und bietet auf seiner Innenseite wunderbare Ankerplätze.

©BLAUWASSER.DE

Die beste Reisezeit ist von November bis Mai, wenn der Passatwind stabil ist. Die Temperaturen sind dann wie in anderen Teilen der Karibik tagsüber in der Sonne heiß und nach Sonnenuntergang angenehm. Das Wasser ist etwas kühler als in der Ostkaribik. Aber auch während der Hurrikan-Saison von Juni bis Oktober gelten die Los Roques als angenehmes Segelrevier, jedoch mit vermehrten Regenschauern und Flautetagen (oder -wochen).

Ein Törn durch die Los Roques ist abwechslungsreich. Hier: Flamingos auf der Insel Sarqui. ©Magali Schaller

Von Oktober bis Januar werden die Inseln außerdem von Moskitos heimgesucht. Den effektivsten Schutz an Land bieten lange Kleidung und ein ordentlich rauchendes Feuer. Auf dem Boot empfehlen sich Moskitonetze an den Luken und dem Niedergang. Die regelrechte Invasion der Stechmücken hat uns leider manchen schönen Abend am Strand vermiest und wir mussten uns im Inneren des Schiffs verstecken.

Die Los Roques sind ein traumhaftes Segelrevier. ©Sönke Roever

Die Anreise mit einer Yacht von den Windward Islands oder Leeward Islands kommend in Richtung ABC-Inseln ist möglich. Die Anbindung ans Festland bilden eine Fluglinie und eine Fähre von der Hauptinsel Gran Roque nach Caracas. Als Währung wird der US-Dollar genutzt, man sollte sich nicht auf Geldautomaten vor Ort verlassen und das benötigte Bargeld sollte in nicht zu großen Scheinen mitgenommen werden. Die Park- und Immigrationsgebühren konnten wir mit Karte bezahlen. Dies scheint nach anderen Berichten nicht immer möglich zu sein. Die Landessprache ist Spanisch, viel mehr darf man auch nicht erwarten.

Tipp: Wer hier einen Stopp plant, sollte sich kurz die Zeit nehmen und auf www.noforeignland.com herumstöbern, dort finden sich viele sehr nützliche Infos.

Einklarieren und Nationalparkgebühren

Die Formalitäten gilt es auf der Hauptinsel Gran Roque zu erledigen. Man kann hierfür einen Agenten bezahlen (circa 400 US-Dollar), aber wenn man wie wir ein paar Brocken Spanisch spricht, kann man das auch ganz gut auf eigene Faust erledigen. Es sollte hierfür aber schon mindestens ein halber Tag Zeit eingerechnet werden.

Ankern kann man gut an der Westseite der Insel Gran Roque auf fünf Metern Wassertiefe im Sand. Das Beiboot darf an allen Stegen kostenfrei angebunden werden. Vom blauen Schwimmsteg aus geht man als Erstes nach rechts zur Port Authority, einem weißen Container. Hier bezahlt man zwischen 60 und 100 US-Dollar je nach Saison (und der Laune des Beamten).

Den zweiten Stopp bildet die Coast Guard, ein paar Meter westlich (kostenfrei). Danach geht man in den Dorfkern ins Büro des Nationalparks (SATIM Office), um die Eintrittsgebühren zu bezahlen. Die Nationalparkgebühr ist abhängig von der Länge des Bootes (berechnet pro Fuß) und der Dauer des Aufenthaltes. Wir bezahlten für zwei Wochen mit einem 44-Fuß-Monohull 550 US-Dollar plus einmalig 50 US-Dollar pro Person. Mit der Schweizer Staatsbürgerschaft hätten wir ohne Visum einen Monat im Land bleiben dürfen, der Stempel im Pass zeigt allerdings das Ablaufdatum des Nationalparkpasses als Ausreisedatum.

Die Insel Gran Roque mit dem Flughafen im Vordergrund. ©WirestockCreators/stock.adobe.com

Der letzte Stopp gilt dem Immigrationsbüro hinter dem Flughafen. Nach Vorweisen der Quittung vom SATIM Office werden die Pässe für die Einreise gestempelt. Vor der Abreise muss hier auch wieder ausklariert werden. Wer keine Lust hat, nach dem Erkunden der westlicheren Inseln des Archipels einen Tag gegen den Wind zurück nach Gran Roque zu segeln, kann dies erklären, die Beamten haben in unserem Fall Verständnis gezeigt und uns ein wenig Spielraum gegeben.

Eine Kontrolle der Papiere haben wir während unseres gesamten Aufenthalts nie erlebt. Wir wissen auch von Segelbooten, die nicht einklariert und sich ein paar Tage problemlos in den westlicheren Inseln des Archipels aufgehalten haben.

Das Zentrum von Gran Roque und der Ankerplatz (oben rechts). ©Magali Schaller

Die Sicherheit beim Segeln in den Los Roques

Es kursieren viele Geschichten über Piraterie in den Gewässern der Südamerikanischen Küste. Auch wir waren vorsichtiger als etwa bei anderen Passagen. So haben wir beispielsweise schon bei der Anfahrt nach Los Roques die Sendefunktion unseres AIS ausgeschaltet und dies bis zu unserer Abreise so belassen. Auch von den vorgelagerten Inseln wie beispielsweise Margaritha und vom Festland haben wir ausreichend Abstand gehalten.

Vor Ort gab es nicht eine Situation, in der wir uns unwohl gefühlt hätten. Vor allem im Osten des Archipels haben wir tagelang keine anderen Boote gesehen, hin und wieder fahren Fischer vorbei und winken freundlich. Auch das Beiboot haben wir sorglos, ohne es abzuschließen, am Strand gelassen und eine böse Überraschung blieb aus. Die Gebühren für die Einreise sind zwar hoch, jedoch bietet die daraus resultierende Kontrolle des Verkehrs auch eine Art Sicherheitsgefühl.

Es gibt viele einsame Ankerplätze im Archipel der Los Roques. ©Sönke Roever

Versorgung und Infrastruktur

Die Einkaufsmöglichkeiten in den Los Roques sind sehr beschränkt. Auf Gran Roque gibt es ein paar Lebensmittelläden und alle paar Wochen kommt ein Versorgungsschiff mit frischer Ware. Hier können auch SIM-Karten gekauft werden. Die Abdeckung außerhalb von Gran Roque scheint jedoch nicht brauchbar zu sein. Starlink hat in unserem Fall gut funktioniert. Diesel und Benzin bekommt man unkompliziert und preiswert an der Tankstelle im Westen von Gran Roque. Man kann dort allerdings nicht mit dem Boot am Steg anlegen. Dieser ist aber mit dem Beiboot sehr einfach vom Ankerplatz aus erreichbar. Einen Yachtausrüster, eine Wäscherei oder einen funktionierenden Geldautomaten sucht man vergebens.

Die Tankstelle. Hier kommt man mit dem Dingi und Kanistern gut hin. ©Magali Schaller

Im Dorfkern von Gran Roque gibt es einige nette Restaurants, für den großen, aber auch durchaus für den kleinen Geldbeutel. Allgemein sind die Inseln aufgrund der aktuellen politischen Lage Venezuelas touristisch gesehen sehr schwach und nur von der Oberschicht besucht. Bei Restaurantbesuchen oder sonstigen Käufen lohnt es sich, über den Preis zu verhandeln. Da die Wasser- und Stromversorgung auf den abgelegenen Inseln teilweise sehr eingeschränkt ist, sind 20 Liter Trinkwasser oder einmaliges Handyaufladen als mögliche Tauschware gegen Fisch oder Lobster nicht unüblich.

Der Strand von Gran Roque. ©Sönke Roever

Segeln in Los Roques

Der Los-Roques-Archipel bietet eine große Auswahl an sehr gut geschützten Ankerplätzen. Dabei möchte ich betonen, dass dies dem Schutz vor Wellen gilt. Wer sich vor Wind verstecken will, muss nach Gran Roque. Vor allem im Osten des Archipels liegt man zwischen Riffen auf spiegelglattem Wasser. Der Boden ist praktisch überall sandig und bietet guten Halt. Trotz der manchmal etwas tiefen Ankerplätze kann man durch das glasklare Wasser den Anker von der Oberfläche sehen. Unserer Umwelt zuliebe versuchen wir stets zu vermeiden, umliegende Korallenköpfe mit unserem Anker oder der Kette zu beschädigen. Lieber kurz kontrollieren und allenfalls umankern.

Es ist ratsam, beim Anfahren von Ankerplätzen Ausschau nach Riffen zu halten. ©Magali Schaller

Die Karten auf Navionics haben sich bezüglich Wassertiefe und genauer Position von Riffen nicht wirklich bewährt. Oftmals hatten wir noch über vier Meter unter dem Kiel, wo die Karte schon eine Insel gesehen hat. Wir haben Google Maps, Navionics und die gute alte Eyeball-Navigation genutzt und Ankerplätze vorzugsweise zur Mittagszeit angefahren. Wenn die Sonne im Zenit steht, sieht man Riffe und Korallenköpfe am besten.

Von der ersten Saling aus lassen sich Riffe problemlos erkennen. ©Sönke Roever

Mit Schwell ist zwischen den Inseln weiter im Westen zu rechnen, da die Abdeckung durch das Barriere-Riff nicht mehr ganz so stark gegeben ist. Nachts kann es zu durchaus heftigen Gewittern mit starkem Wind kommen. Diese kommen im Herbst vermehrt vom südlich gelegenen Festland und treffen die Ankerplätze oft von der weniger geschützten Seite. Dann bietet sich Francisqui im Nordosten als Ankerplatz an: Durch die umliegenden Riffe und Inseln bietet die Bucht nahezu 360 Grad Schutz vor Schwell.

Das Barriere-Riff im Osten hält die Ozeandünung ab. ©Sönke Roever

Leider findet sich an praktisch jedem unbewohnten Strand unfassbar viel Plastikmüll. Dies hat uns ein wenig frustriert und betrübt. Wer Platz auf seinem Boot hat, um paar Säcke zu den ABC-Inseln zu transportieren, tut den Meeresbewohnern bestimmt etwas Gutes.

Leider sehen die unbewohnten Inseln und Strände oft so aus. ©Magali Schaller

Ankerplätze und Highlights im Archipel der Los Roques

Cayo Sardina

Für alle Segler, die ein wenig Abgeschiedenheit suchen und einen schwierigeren Ankerplatz nicht scheuen, ist der Osten des Archipels ideal. Hier ankert man zwischen Riffen und Sandbänken – oder bei Cayo Sardina hinter einer winzigen Sandinsel.

Das Revier bietet im Osten spektakuläre Ankerplätze, die nur mittels Augapfel-Navigation zu erreichen sind. ©Magali Schaller

Boca de Sebastopol

Der Pass Boca de Sebastopol gilt als einer der Ein- und Ausgänge des Archipels. Das Außenriff ist ein super Schnorchelplatz, jedoch nur bei Leichtwind empfehlenswert, da es starke Strömungen geben kann. Man sollte damit rechnen, Riffhaie und große Barrakudas anzutreffen.

Ankern hinter dem Barriereriff bei der Boca de Sebastopol (oben rechts im Bild). ©Magali Schaller

Crasqui

Crasqui gilt als der beliebteste Spot für Kitesurfer und Wingfoiler, mit einem langen Sandstrand und einer weitläufigen Sandbank. Am Riff im Südosten der Insel kann man super schnorcheln.

Los Roques ist ein Traumrevier für Wassersportler. ©Magali Schaller

Sarqui

Auf Sarqui kann man mit etwas Glück Flamingos beobachten, die in der Lagune auf der Luv-Seite der Insel fressen. Die Unterwasserwelt bietet einen einmaligen Garten an Weichkorallen. Der Meeresgrund bleibt bis kurz vor der Insel etwa 2,5 Meter tief, mit ein wenig Mut kann man wunderbar im flachen Sand ankern.

Ankern in Sarqui, gut sichtbare Lagune, wo manchmal Flamingos vorbeikommen. ©Magali Schaller

Cayos dos Mosquises

Die Cayos dos Mosquises befinden sich im Westen des Archipels. Sie eignen sich super als Ausgangspunk für Überfahrten Richtung Westen. Auch hier gilt: Mut zum Ankern in seichtem Wasser. Auf der südlichen der beiden Inseln befindet sich eine Aufzuchtstation für Meeresschildkröten, die einen Besuch wert ist.

Ankerplatz zwischen den Cayos dos Mosquises, mit dem Schildkröten-Shelter rechts im Bild. ©Magali Schaller

Cayo de Agua

Und dann wäre da noch Cayo de Agua. Hier befindet sich einer der schönsten Strände oder, besser gesagt, eine kleine Sandbank, wo sich die Wellen aus Nord und Süd treffen und eine schöne Kulisse für spektakuläre Bilder bieten.

Der Traumstrand von Cayo de Agua, wo sich zwei Wellen über einer Sandbank treffen. ©Magali Schaller

Fazit

In den Los Roques zu segeln bedeutet in Kurzfassung: traumhafte Ankerplätze, wunderschöne Unterwasserwelt, Abgeschiedenheit und perfekte Bedingungen für Wassersport. Wer Rambazamba und Zivilisation sucht, ist hier sicher am falschen Ort. Für uns jedenfalls war es einer der schönsten Stopps in der ganzen Karibik. Die vergleichsweisen hohen Kosten, die bei der Einreise anfallen, lohnen sich auf jeden Fall und wir würden wieder auf den Los Roques einen Stopp einlegen.

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